Ich bin in einer seltsamen Limbo-Phase. Mein Alltag ist noch stark geprägt von der Elternzeit und einem Job, bei dem sich nicht viel tut. Am Horizont zeichnet sich schon ein sehr anderer Tagesablauf ab, mit mehr notwendiger Koordination, mehr Absprache, sicherlich mit mehr Stress, aber auch mit sehr viel mehr Spaß an der Arbeit.
Diese Woche habe ich meine Papiere unterzeichnet und darf jetzt froh verkünden: Ich gehe zum Prototype Fund. Für ein Jahr werde ich dort die Kommunikation nach außen übernehmen und dabei mit tollen Leuten zusammenarbeiten, podcasten, twittern, schreiben und Menschen kennen lernen. Und ich könnte nicht mehr Bock drauf haben.
Gerade schaue ich mir das Programm der Bits und Bäume Konferenz an, auf die ich dank des Prototype Funds aufmerksam wurde. Diese Konferenz findet alle vier Jahre statt und beschäftigt sich mit allen Themen rund um Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Und wenn ich nur das Programm überfliege, kribbelt schon mein Congress-Herz. Hier fühle ich mich wohl.
Dabei ist dieser Job – zumindest auf dem Papier – ein weiterer Schritt weg von meiner Ausbildung. Denn mit Biologie, geschweige denn Molekularbiologie, hat dieses Feld wirklich nur noch wenig zu tun. Genau das ist, was mich so freut. Digitale Themen finde und fand ich schon immer faszinierend, nur habe ich mich dank nicht-existentem IT-Unterricht und einer 1 in Bio nach dem Abi halt auf die Biotechnologie und dann Molekularbiologie eingeschossen. Und versteht mich nicht falsch: ich liebe die Biologie immer noch. Aber hier leben? Nein danke.
Von meinem neuen Job verspreche ich mir, endlich etwas mit Impact zu tun. Denn wenn ich ehrlich bin, sind meine Aktivitäten der Vergangenheit doch ziemlich wirkungsfrei verpufft – trotz meiner Anstrengungen, was zu reißen. Das schiebe ich mal ganz frech auf die Begleitumstände in den jeweiligen Institutionen. 🙃 Außerdem freue ich mich beim Prototype Fund auf Öffentliches Geld ohne Öffentlichen Dienst. In meinen vorigen Posts habe ich ausführlich erläutert, warum mich der Öffentliche Dienst lähmt, und ich freue mich sehr darauf, nicht mehr einer steifen Verwaltung zu unterliegen.
Aber ist das noch Punkrock WissKomm? Son bisschen. Klar kommuniziere ich dann bald nicht mehr die Ergebnisse aktueller Forschung an Hochschulen – dafür aber die Ergebnisse aktueller Entwicklungen in digitalen Innovationen. Ich werde weiterhin damit beschäftigt sein, komplexe Ideen und Projekte verständlich aufzubereiten und das gesamte Konzept der Förderung von Prototypen allgemein bekannter zu machen. Und im Geiste werde ich auch weiterhin der WissKomm verbunden bleiben, ich glaube weiterhin an ihre Bedeutung für einen aufgeklärten Diskurs und die Teilhabe aller an den wissenschaftlichen Entwicklungen für die Zukunft.
Ich zähle die Tage, bis es los geht.
Und sonst so?
War ich neulich im Berliner Zoo. Davor war ich sicherlich 2 Jahrzehnte nicht mehr dort und es hat sich viel getan. Wo früher mal depressive Großkatzen hinter Gittern auf und ab liefen (und ab zu durchs Gitter durch urinierten), sind heute schicke Gehege mit Glaswänden – hinter denen depressive Großkatzen liegen. Ich bin mir immer noch nicht sicher, was ich von Zoos halten soll, Die Lobby-Organisation WWF findet Zoos gut, die Lobby-Organisation PETA findet Zoos doof. Ich bin irgendwo dazwischen. Und meinem Sohn? Dem hat der Spielplatz am besten gefallen.
Aus der Forschung
Was würdet Ihr mir eher glauben? Durch Impfskepsis sind immer noch 22% der Bevölkerung gar nicht geimpft, oder, dank der Impfkampagne sind schon 78% der Bevölkerung mindestens einmal geimpft? Bei meiner aufgeklärten Leserschaft gehe ich davon aus, dass Ihr merkt, dass es sich hier um die gleiche Aussage handelt. Laut einer neuen Studie allerdings, findet eine Vielzahl der Menschen die negativ geframete Aussage glaubwürdiger als die positive.
Results from a survey experiment confirm the presence of a negativity bias in truth perceptions, but also that effects are heterogeneous and moderated by, in particular, the recipients’ preexisting opinions.
(Aus: Trusting the Facts: The Role of Framing, News Media as a (Trusted) Source, and Opinion Resonance for Perceived Truth in Statistical Statements, Lindgren et al., 18.8.2022, Journalism and Mass Communication Quarterly)
Framing hat also eine große Wirkung auf die Glaubhaftigkeit von Aussagen. Einer negativen Aussage wird mehr Glauben geschenkt als einer positiven, es sei denn, die positive Aussage verstärkt eine bereits zuvor gefestigte Meinung. Der Negativity Bias ist nicht neu, doch hat mir diese Studie zu denken gegeben, weil sie gezielt auf die Wahrnehmung von Fakten in den Medien geblickt hat. Ich denke gerade als jemand, der häufig Interessen anderer nach außen darstellt – denn nichts anderes ist die meiste Kommunikationsarbeit – ist diese Information relevant. Wenn wir nur die Vorzüge von Technologien oder Wissenschaft in blumigen Worten beschreiben, können wir zu einem allgemeinen Misstrauen beitragen. Ich bezeichne das als PR-Phobie: Influencer-Marketing, Sponsored Posts und Advertorials verwischen die Grenzen zwischen Fakt und Werbung. Und in Ermangelung eines guten Markers für Vertrauen werden wir kritisch gegenüber überschwänglich positiven Nachrichten, denn die kommen oft genug von einer Werbeagentur und nicht von einer Journalistin. Das ist dann natürlich bitter für wahre Geschichten, die tatsächlich positiv sind, denn die haben es möglicherweise schwerer. Für meine Arbeit lerne ich daraus, ein ehrliches, realistisches Bild mit Licht und Schatten zu zeichnen, anstatt jede ansatzweise negative Sichtweise unter den Teppich zu kehren.
TV Tipps mit Joram
Gestern habe ich noch die erste Folge der neuen Staffel Maithink X gesehen. Mai hat sich gefragt, was wäre, wenn die Homöopathie doch recht hat. Herausgekommen ist ein unterhaltsam neuer Blickwinkel auf das zu genüge zerpflückte Thema Homöopathie. Was passiert eigentlich mit dem Abwasser mit Gedächtnis, das bei der Verdünnung übrig bleibt? Wenn nur nicht die Gags wären... leider gefällt mir der Humor des Autor:innenteams überhaupt nicht. Wenn man den Humor-Cringe aushält, gibt es dafür eine spannende Folge und viel homöopathischen Eistee.
Kochen mit Joram
Ich habe es endlich geschafft, einen gebratenen Reis zu machen, der nicht anbäckt und auch noch gut schmeckt. Und weil ich hier machen kann, was ich will, schreibe ich jetzt das Rezept auf. Ich habe 1 Knolle Knoblauch geschält, gehackt und in Öl bei mittlerer Hitze vorsichtig goldbraun gebraten. Dann habe ich den Knoblauch in ein Sieb gegeben und abtropfen lassen. Währenddessen habe ich in der gleichen Pfanne – ich habe leider keinen Wok – reichlich Butter geschmolzen und 4 Eier darin verrührt und stocken lassen. Dann habe ich kalten Reis vom Vortag und in Ringe geschnittene Frühlingszwiebeln zugegeben und angebraten. Als die Zwiebeln weich waren, habe ich den Knoblauch und dunkle Sojasauce untergerührt. Fertig. Macht 4 Personen satt und mich sehr glücklich.