Ich weiß gar nicht, wie ich einsteigen soll. Es war viel los und ist weiterhin viel los und deswegen bin ich auch eine Woche viel zu spät dran. Das kommt davon, wenn man sich selbst Veröffentlichungszeiten setzt, die sonst niemand verlangt.
Ich war mit Doro und einem von zwei Kindern auf der Bits und Bäume Konferenz an der TU Berlin. Ich war zuvor schon ewig nicht mehr auf Konferenzen, einerseits dank Corona, andererseits weil ich nur ungern auf die meisten Konferenzen gehe. Eigentlich mag ich nur den Congress – und auf den müssen wir ja leider noch ein weiteres Jahr warten.
Bits und Bäume ist so ein ganz kleines bisschen wie der Congress. Viel Orga kommt aus einem ähnlichen Dunstkreis, die Infrastruktur (Engelsystem, VOC, media.ccc.de) ist einfach exakt das gleiche (das selbe? Seitdem ein paar Sprachpedanten auf dieser Formulierung rumgehackt haben, bin ich erstens verunsichert und zweitens nicht willens, es zu lernen.) Auf der Bits und Bäume fühlt sich alles so an, als sei es mit Enthusiasmus und Idealismus aufgebaut. Kommerzielle Interessen findet man fast gar nicht. Das gefällt mir sehr.
Nun war ich allerdings mit eins von zwei Kindern da. Dank Kinderbetreuung nebst eingerichteten Raum war der Aufenthalt sehr angenehm, jedoch habe ich fast keine Talks live sehen können. Manchmal hatte ich einfach Pech und der Speaker war krank und kam nicht. Andere Male wollte ich den Livestream gucken, aber weil es kein brauchbares WLAN gab, kam dieser nicht zustande. Naja. Ich hab dann später noch ein paar Talks geguckt.
Ohne jetzt zu tief ins Detail gehen zu wollen, möchte ich zwei Talks empfehlen: der erste dreht sich um die Möglichkeiten der digitalen Planwirtschaft als Alternative zur Marktwirtschaft und der zweite fordert provokant, dass wir damit aufhören sollten, Bäume zu pflanzen. Der Planwirtschaftstalk hat viele interessante theoretische Ansätze aufgezeigt, die ich so noch nicht kannte und der Bäume-Talk hat vieles aufgezeigt, was ich schon mal diffus gehört hatte, aber nie so fokussiert erlebt habe. Beide Talks lohnen sich mal anzuschauen.
Es gab natürlich noch sehr viel mehr, aber da rund ein Dutzend Tracks parallel liefen, war es unmöglich, da mitzuhalten. Schaut Euch einfach mal die Aufzeichnungsliste an und klickt hier und da mal rein.
Ich freue mich jetzt jedenfalls umso mehr auf den richtigen, echten Congress in Hamburg dieses Jahr. Der Call for Participation ist gerade raus und ich hätte Bock was zu präsentieren – ich weiß nur noch nicht was.
Direkt nach der Bits und Bäume ging es los mit dem neuen Job und nach knapp zwei Wochen kann ich jetzt schon sagen: Ich hab wirklich Spaß dabei. Anspruch, Anforderungen und Aufmerksamkeit finden hier auf einem für mich ganz neuen Level statt und ich liebe es. Aber später dazu mehr.
Aus dem Internet
In Zeiten von schlechten Nachrichten gibt es eine Sammlung an News, die mich unendlich glücklich macht: Selbst die Entwickler:innen, die das Metaverse bei Facebook Meta bauen, haben keinen Bock mehr auf das Metaverse. Sagt zumindest eine interne Quelle zu The Verge. Die, die das Metaverse nutzen, haben nach spätestens einem Monat keinen Bock mehr. Money quote: “Only nine per cent of worlds built by creators are ever visited by more than 50 people." Selbst Schauspieler Jordan Peele schafft es nicht, einen Menschen zu spielen, der vom Metaverse begeistert ist. Laut Insidern sei das Metaverse verbuggt und langsam, und es mache keinen Spaß es zu benutzen. Als Sofortmaßnahme werden jetzt die Meta-Manager dazu angehalten, die Kolleg:innen dazu zu zwingen, regelmäßig Zeit im Metaverse zu verbringen, um sich "darin zu verlieben." Man könnte mir gar nicht genug zahlen, um das mitzumachen.
Diese Nachricht lies mich aber nicht ausschließlich schadenfroh zurück. Auch ich habe während der Pandemie versucht, analoge Interaktion digital abzubilden. Wir haben wonder.me und workadventure ausprobiert, um in kleinen Gruppen soziale Interaktionen auch in einem Remote Setup zu ermöglichen. Die ersten Momente waren toll, es war spannend, mal was neues auszuprobieren. Wir liefen so über die Karte, fingen Gespräche an und beendeten sie wieder indem wir weiterliefen.
Doch sehr schnell wurde diese zusätzliche Interaktionsebene ermüdend. Nur um ein Gespräch zu beginnen, mussten wir unsere Avatare durch mal mehr oder weniger hübsche Welt schieben. Als Belohnung öffnete sich ein ruckeliger Jitsi-Call. Und worüber redeten wir dann? Übers Wetter, über die spannende neue Umgebung und darüber, wie nervig es doch war, immer zuhause zu sitzen. Small Talk bleibt unerträglich, auch wenn er im Metaverse stattfindet. Ich würde sogar behaupten, dass Small Talk in einer gefakten virtuellen Umgebung noch schlimmer ist, als in einem durchschnittlichen Büro.
Es gibt eigentlich nur eine Form des digitalen Hangouts, der mich nicht nach einer halben Stunde schreiend zurück lässt. Und das ist Discord. All die Gamification findet bei Discord in den Games statt, die man währenddessen benutzt. Discord selbst ist aufs Wichtigste fokussiert: der unkomplizierte Austausch mit anderen. In unterschiedlichen Räumen kann ich mich spontan ein- und ausklinken. Und wenn ich gar nicht reden will oder kann, dann nutze ich den Text Chat. Ich glaube, die ganze Spielerei rund um die Gespräche, egal ob 2D oder VR, ist mittelfristig nur hinderlich. Was ich will, ist eine gut verständliche Unterhaltung. Dazu brauche ich keine animierten Avatare, keine 3D Nachbildung eines Konferenzsaales und keine Bewegungssteuerung. Ich brauche an beiden Enden ein brauchbares Mikrofon und schnelles Internet. Bei Discord hilft natürlich auch, dass Gamer:innen Gamerheadsets tragen und die klingen besser als die eingebauten Mikrofone in den Dell-Büchsen der typischen Kolleg:innen. Vielleicht sollte Meta anstatt aufs Metaverse lieber auf gute Mikrofonierung der Menschheit setzen. Das kostet wahrscheinlich weniger als die 10 Milliarden, die Meta im Metaverse versenkt hat.
Das war's dann für dieses Mal, nächstes Mal auch wieder ein bisschen mehr Wissenschaft und so. Versprochen!